Der Weg zum Mars - Schritt 2: Die Mondlandung

Auf fremden Planeten landen und dort eine Basis aufbauen: Das wollen wir auf dem Mond testen. Der Mond ist also ein wichtiger Meilenstein auf unserem Weg zum Mars. Doch wie kommen wir wieder dort hin? Die NASA hat einen Plan.

Der Weg zum Mars - Schritt 2: Die Mondlandung

Der Erdtrabant ist das ähnlichste zu einem fremden Planeten, das für uns in greifbarer Nähe liegt. Niedrige Schwerkraft, keine Atmosphäre und keinerlei existierende Infrastruktur. Super Voraussetzungen, um den Aufbau einer Basis zu erproben.

Aber Moment mal, wir waren doch schon auf dem Mond! Wir wissen doch zumindest schon, wie wir dort landen und auch wieder zurück kommen. Oder? Nicht ganz. Klar könnten wir einfach eine Saturn V Rakete nachbauen und damit los fliegen. Aber wie wir im ersten Teil dieser Reihe gelernt haben, wäre das nicht gerade günstig. Außerdem sind die Ziele dieses mal ganz anders. Die NASA strebt bis zum Ende des Jahrzehnts eine nachhaltige Präsenz auf dem Mond an. Das braucht viel mehr Material als nur ein kurzer Besuch. Die erste Mondlandung ist nur eine Etappe auf dem Weg dorthin.

Was hat die NASA vor?

Die Entdeckung größerer Mengen Wassers auf dem Mond bringt eine grundsätzliche Veränderung: Von der Erde unabhängiges Leben auf dem Mond ist jetzt theoretisch möglich. Auf der Hand liegt der Nutzen als Trinkwasser für Menschen und Pflanzen. Doch durch Spaltung bekommt man außerdem Sauerstoff zum atmen und Wasserstoff, der sich als Treibstoff verwenden lässt.

Folgerichtig hat das Artemis Programm ein hoch gestecktes Ziel: Nachhaltige Präsenz von Menschen auf dem Mond in den späten 20er Jahren. In der ersten Phase sollen dazu bis 2024 mehrere wichtige Komponenten entwickelt werden:

  1. Space Launch System (SLS)‌‌
    Die neue Rakete haben wir bereits in einem vorherigen Post besprochen. Sie ist in der Lage, beachtliche Nutzlasten zu transportieren. Die Entwicklung ist nahezu abgeschlossen.
  2. Orion‌‌
    Die europäische Raumkapsel soll Nutzlast und Menschen auf ihrer Reise zum und vom Mond beherbergen. Ebenfalls nahezu abgeschlossen.
  3. Gateway‌‌
    Das Gateway ist eine Raumstation im Orbit um den Mond. Sie soll später Astronauten beherbergen und als Startpunkt für Missionen ins tiefere Weltall dienen.
  4. Human Landing System (HLS)‌‌
    Es müssen neue, wiederverwendbare Mondlander konzipiert werden, die Astronauten vom Gateway zur Mondoberfläche und zurück transportieren können. Diese werden zur Zeit von kommerziellen Partnern vorangetrieben.

Bevor die NASA bereit für dauerhafte Präsenz auf dem Mond ist, hat sich die Organisation ein ehrgeiziges Zwischenziel gesetzt: Bis 2024 soll wieder ein Mensch seinen Fuß in den Mondstaub setzen. Dazu wird zunächst ohne Gateway geplant, für eine erste Landung sind lediglich SLS, Orion und HLS vonnöten. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die NASA einen strikten Zeitplan umzusetzen:

Erste CLPS Missionen

Mit den ersten kommerziellen Flügen zum Mond will die NASA die Fähigkeiten ihrer Partner testen und erste Nutzlasten zum Mond ausliefern. An Board sind unter anderem Experimente um Stromerzeugung, Strahlenbelastung und die bei der Landung erzeugte Staubwolke näher zu untersuchen. Die NASA plant ihre kommerziellen Partner in der Zukunft für Versorgungsmissionen zu nutzen.

CAPSTONE Cubesat

Das "Autonomous Positioning System Technology Operations and Navigation Experiment" ist ein kleiner Satellit, der auf der zukünftigen Umlaufbahn des Gateways ausgesetzt werden soll. Mit CAPSTONE soll erprobt werden, ob die geplante Umlaufbahn stabil ist und wie man in ihr navigiert. Der Satellit soll wieder von einem kommerziellen Partner ausgeliefert werden.

Artemis I

Die erste Mission mit der Artemis Bezeichnung hat zum Ziel, sämtliche Hardware und Systeme für den bemannten Flig zu testen. Dazu soll die SLS Rakete mit der Orion Kapsel starten und diese, sowie 13 Kleinsatelliten aussetzen. Nach 4-6 Wochen Flugdauer soll die Kapsel zum ersten Mal den Wiedereintritt in die Atmosphäre demonstrieren.

Artemis II

Der erste bemannte Artemis Flug zum Mond. Eine SLS Rakete mit Orion Raumschiff soll Astronauten den Mond umrunden lassen. Dabei sollen Lebenserhaltungssysteme, manuelle Navigation und Positionsbestimmung außerhalb der Reichweite von GPS Satelliten demonstriert werden.

Viper

Der "Volatiles Investigating Polar Exploration Rover" ist der erste Scout auf der Oberfläche. Er soll auf dem Mond in Polnähe ausgesetzt werden und dort gezielt nach Wasservorkommen suchen. Die gesammelten Daten können außerdem hilfreich bei der Auswahl eines geeigneten Landeplatzes für bemannte Missionen sein.

PPE & HALO

Das "Power and Propulsion Element" und der "Habitation and Logistics Outpost" sind die ersten Teilstücke für Gateway. Damit ist die Station im Mondorbit theoretisch bereit für eine Crew, auch wenn sie in den kommenden Jahren noch erweitert werden wird. Die erste bemannte Mondmission wird trotzdem ohne Gateway geplant.

Artemis III

Das ist der große Moment! Die erste bemannte Landung auf dem Mond seit 1972. Eine SLS Rakete soll Orion und die Crew auf den Weg zum Mond bringen. Das HLS wird mit einer separaten Rakete starten und im All mit Orion docken. Während der Aktivität auf der Mondoberfläche bleibt Orion im Orbit, bereit die Astronauten sicher zur Erde zurück zu bringen.

Das Human Landing System

Bis auf das Human Landing System sind bereits alle Komponenten für die erste bemannte Mission zum Mond einsatzbereit. Um einen Lander für die Mondoberfläche zu entwickeln, hat sich die NASA entschieden mit drei Firmen aus dem privaten Sektor zusammenzuarbeiten: Blue Origin, Dynetics und SpaceX. Alle drei Unternehmen sollen einen eigenen Lander entwickeln, in enger Zusammenarbeit mit der NASA. Am Ende bekommt der beste Anbieter den Zuschlag. Schauen wir uns jetzt einmal die Vorschläge an:

Blue Origin: Blue Moon

Render der Ascent und Descent Elemente von Blue Moon
Render der Ascent und Descent Elemente von Blue Moon

Unter der Führung von Blue Origin entsteht ein Landesystem aus drei physischen Komponenten von vier unterschiedlichen Anbietern:

  • Northrop Grumman entwickelt das Transfer Element, eine Art Raketenstufe, die den Rest des Landers in die Mondumlaufbahn befördert.
  • Blue Origin steuert das Descent Element bei, der Teil des Systems, der den Flug während des Abstieges kontrolliert.
  • Lockheed Martin baut das Ascent Element, ein Modul, das Astronauten nach der Mission auf der Oberfläche wieder in den Orbit transportiert.
  • Draper entwickelt die elektronischen Systeme für die Komponenten.

Eines haben Blue Origin und Partner richtig gemacht: Das System wird mit Wasserstoff angetrieben. Damit erlaubt es die langfristige Perspektive, Treibstoff auf dem Mond selbst herzustellen und dort wieder zu tanken.

Bei den restlichen Aspekten schneiden sie jedoch schlechter ab. Bis auf das Ascent Element lässt sich kein Teil des Landers wieder verwenden. Für jede Landung müsste also zumindest ein neues Descent Element zum Gateway gebracht werden. Auch um die Sicherheit der Astronauten könnte man sich sorgen machen. Die lange Leiter von der Spitze des Schiffs muss bei jedem Ein- und Ausstieg auf dem Mond erklommen werden. Gemessen an der Höhe der Ausstiegsluke, ist die Leiter circa 12m hoch. Im Raumanzug kann das durchaus zur Hürde werden.

Blue Origin plant im Jahr 2023 einen ersten Demonstrationsflug zum Mond, inklusive unbemannter Landung und Start.

Dynetics: Alpaca

Render des Dynectics Alpaca Human Lander
Render des Dynectics Alpaca Human Lander

Die Firma Dynetics hat sich mit dem Alpaca zum Ziel gesetzt, einen vollständig wiederverwendbaren Lander zu konzipieren. Das Ergebnis ist eine modulare Platform, die sowohl Menschen, als auch Nutzlasten oder Rover auf dem Mond absetzen kann. Zusätzlich zu den sichtbaren Tanks rechts und links im Bild, werden zwei weitere Treibstofftanks für die Reise von der Erde zum Mond benötigt. Sie sind der einzige nicht wiederverwendbare Teil und werden in der Mondumlaufbahn abgestoßen.

In den Erdorbit soll das System von drei Vulcan Centaur Raketen befördert werden. Eine für den Lander, zwei für Treibstoff, mit dem das System im Orbit betankt werden kann. Treibstofftransfer in der Schwerelosigkeit ist eine neuartige Technik, auf die ich später noch genauer eingehen werde.

Die Vorteile sind offensichtlich: Ein solcher Lander kann zwischen Gateway und Oberfläche pendeln und spart dadurch die Kosten, für jede Mission ein neues Raumschiff zum Mond zu liefern. Lediglich der Treibstoff müsste von der Erde angeliefert werden.

Das wenig erprobte Design der Triebwerke ist der größte Kritikpunkt der NASA an Dynetics' Entwurf. Weiterhin ist für uns bis jetzt unklar, welchen Treibstoff Dynetics für den Lander vorsieht. Die relativ kleinen Tanks deuten jedoch nicht auf Wasserstoff hin. Dies würde zusätzliche Treibstofflieferungen nötig machen.

SpaceX: Lunar Starship

Render des Lunar Starships bei der Landung‌
Render des Lunar Starships bei der Landung‌

Das Lunar Starship ist eine modifizierte Version des komplett wiederverwendbaren Raumfahrzeuges von SpaceX. Um auf dem Mond operieren zu können, sollen spezielle Landetriebwerke an einem höheren Punkt des Raumschiffes montiert werden. Diese Modifikation ist nötig um Staubwolken von den leistungsstarken Raptor Triebwerken beim Landen zu vermeiden. Betankt soll Starship in der Schwerelosigkeit werden, die Distanz zwischen Ausstieg an der Spitze und dem Boden wird ein Aufzug überbrücken.

Die Vorteile sind ähnlich denen des Alpaca Systems. Jedoch kommt ein problematischer Faktor hinzu: Starship ist groß und schwer. Größer und schwerer als es für den Mond sein müsste. Damit geht ein höherer Treibstoffverbrauch einher. Da Starship Methan als Treibstoff nutzt, werden so mehr Treibstofflieferungen benötigt.

Starship selbst sollte bis Ende 2021 einsatzbereit sein, zum Status der nötigen Modifikationen gibt es derzeit keine Informationen. In die Erdumlaufbahn soll Starship von einem Super Heavy Booster getragen werden. Dieser ist zur Zeit noch in der frühen Prototypphase.

Was ist das wahrscheinliche Ergebnis?

Mit drei konkurrierenden Produkten muss die NASA in den kommenden Jahren entscheiden, welches System sie für bemannte Mondmissionen nutzen will. Wir wollen trotzdem jetzt schon versuchen, diese Entscheidung vorwegzunehmen.

Langfristig sieht Blue Origins Ansatz nicht nachhaltig aus. Nicht komplett wiederverwendbar und sicherheitstechnisch bedenklich. Es ist unwahrscheinlich, dass Blue Moon von der NASA ausgewählt wird.

Der Alpaca Lander macht zumindest kurzfristig am meisten Sinn. Der Entwurf sieht Wiederverwendbarkeit vor und kommt mit weniger Treibstoff aus als Starship. Langfristig sollte Dynetics jedoch die Triebwerke austauschen, um als Treibstoff Wasserstoff zu nutzen. Das ist wichtig, da Wasserstoff auf der Mondoberfläche produziert werden kann. Das modulare Design sollte diese Änderung ermöglichen.

Für Starship scheint eine andere Rolle wahrscheinlicher. Es könnte schwerere Lasten zum Mond transportieren und als Tanker für Treibstoff zwischen Mond- und Erdorbit verkehren. Bis die Rakete wirklich benötigt wird, sollte die Entwicklung auch abgeschlossen sein.

Tanken im All

Ein wiederverwendbares Landesystem wie der Alpaca oder Starship muss irgendwann wieder aufgetankt werden. Auf der Erde würden wir einfach einen Tank mit Treibstoff daneben stellen, Schlauch dran und Pumpe einschalten. Nichts leichter als das. Im All stellt uns der sonst simple Treibstofftransfer jedoch vor Schwierigkeiten. Ohne Schwerkraft ist der Treibstoff nicht unbedingt am Boden des Tanks, wo man ihn erwartet. Bis jetzt haben wir die Technik dazu nicht gebraucht, doch in den nächsten Jahren plant die NASA diese Fähigkeit zu erlangen. Die ersten geplanten Tests wollen zwei Raumschiffe beim Transfer stetig beschleunigen, um eine geringe Schwerkraft zu simulieren.

Ein zweites Problem betrifft eher die längerfristige Lagerung. Flüssiger Treibstoff hat eine höhere Dichte, in das gleiche Tankvolumen lässt sich also mehr davon tanken. Dafür muss z.B. Wasserstoff auf -252°C gekühlt werden. Trotz dieses Aufwandes werden Raketen heutzutage flüssig betankt, Triebwerke nutzen den flüssigen Treibstoff direkt. Treibstoffdepots im All müssen deshalb die Temperatur genau kontrollieren können um boil-off zu verhindern. So nennt man das Problem, dass der Treibstoff zu kochen beginnt wenn er sich erwärmt. Damit ist er für die Triebwerke nicht mehr nutzbar. Sonnenstrahlung kann Raumschiffe im All aufheizen, gute Isolationen und aktive Kühlung müssen das verhindern.

Treibstoff im Weltraum zu lagern und zu transferieren ist also eine weitere Technologie, die für eine nachhaltige Präsenz im All entwickelt werden muss. In den nächsten Jahren werden wir ein Verfahren dazu entwickeln und testen.

Wie verändert das unser Leben auf der Erde?

Wahrscheinlich überhaupt nicht. Ein wirklicher technischer Durchbruch ist bei der Entwicklung neuer Mondlander und Raketen nicht absehbar.

Doch die Mondlandung ist auch nur ein erster Schritt zur Entwicklung der Technologien, die uns das überleben auf dem Mars ermöglichen werden. Und die Mondbasis? Kommt. 2028. Mehr dazu im nächsten Artikel.

bis dann,
Sebastian