Der Weg zum Mars - Schritt 3: Ein Dorf auf dem Mond
So hat jedenfalls die ESA ihre Vision für eine Mondbasis genannt. In diesem Artikel geht es darum, was der geplanten Mondlandung der NASA im Jahre 2024 folgen soll.

Das Lunar Gateway der NASA soll in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts zum Zentrum der internationalen Zusammenarbeit rund um den Mond werden. Die Raumfahrtagenturen mehrerer Länder haben dazu bereits eigene Beiträge und Missionen angekündigt. Im folgenden Text werden wir uns die Pläne aller Beteiligten genauer ansehen.
Ausbau des Lunar Gateway
In der zweiten Phase des Artemis Programms will die NASA alle Komponenten für eine selbstversorgende Basis auf dem Mond entwickeln. Der erste Schritt dazu ist der Ausbau des Lunar Gateways, um Mondmissionen kostengünstiger und komfortabler für die Astronauten zu gestalten.
In diesem Zusammenhang sollen in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts zwei weitere Module der NASA hinzukommen: Die Gateway Logistics Modules sollen Fähigkeiten zum Transfer von Treibstoff und sonstigen Vorräten bringen, während das Gateway Airlock Module die Station um eine Luftschleuse und einen Dockingport für spätere Missionen ins weitere Sonnensystem erweitert.
Da das Gateway ein Projekt mit internationaler Kooperation ähnlich der ISS sein soll, beteiligen sich zusätzlich mehrere internationale Partner.
ESA: International Habitat und ESPRIT
Das internationale Habitat soll zum primären Aufenthaltsbereich der Astronauten am Gateway werden. Es wird von der ESA in Zusammenarbeit mit der japanischen JAXA entwickelt und soll bereits 2026 zum Gateway starten.
Das European System Providing Refueling, Infrastructure and Telecommunications (ESPRIT) sind zwei multifunktionale Module, die die Infrastruktur der Station erweitern sollen. Der erste Teil ist für die Kommunikation verantwortlich und soll schon 2024 zusammen mit den ersten Komponenten des Gateways starten. 2027 folgt dann das Esprit Refueling Module (ERM), das Treibstofftanks und einen Dockingport beinhalten soll.
CSA: Canadarm3
Die robotischen Arme der kanadischen Raumfahrtagentur haben lange Tradition. Sie waren bereits Teil des Space Shuttle Designs und werden aktuell auf der ISS eingesetzt. Die Kanadier steuern zum Gateway eine weiterentwickelte Version dieser Technik bei. 2026 soll die Komponente zum Gateway starten.
Mondbasen
Gleichzeitig mit dem Ausbau des Gateway gibt es von mehreren Seiten Bemühungen, bemannte Basen auf dem Mond aufzubauen. Diese Konzepte werden wir im Folgenden genauer beleuchten.
NASA: Artemis Programm
Die Mondpläne der NASA haben alle ein gemeinsames Ziel: Konzepte für selbstversorgendes Leben auf anderen Planeten zu entwickeln. Dazu sollen auf der Oberfläche zunächst drei Schlüsselkomponenten zum Einsatz kommen:
- Foundation Surface Habitat
Das Surface Habitat ist das erste Element einer dauerhaften Basis auf dem Mond. Es kann bis zu vier Astronauten für ein bis zwei Monate am Stück beherbergen. - Lunar Terrain Vehicle
Hier handelt es sich um einen Rover ohne geschlossene Kabine für kurze Trips von der Basis aus. - Habitable Mobility Platform
Die Habitable Mobility Platform ist ein Rover mit Druckkabine, der längere und weitere Ausflüge auf der Mondoberfläche erlaubt.
Rund um diese Kernelemente will die NASA über das nächste Jahrzehnt eine langfristige und nachhaltige Präsenz aufbauen. Nach deren Platzierung in der Nähe des Shackleton Kraters, in dem bereits Wasservorkommen nachgewiesen wurden, soll die Basis noch stark erweitert werden. Es sollen Module zur Kommunikation, Energiegewinnung, Lagerung und Abfallentsorgung hinzu kommen. Außerdem soll die Basis einen Strahlenschutz und eine feste Landeplattform erhalten.
ESA: Das Dorf auf dem Mond
Die ESA plant ebenfalls den Aufbau einer permanenten Mondbasis. Ähnlich wie bei NASAs Gateway, sollen hier viele Nationen die Möglichkeit haben sich zu beteiligen. Obwohl es noch keine konkreten Pläne gibt, will sich das Projekt auf die Nutzung der natürlich vorkommenden Ressourcen konzentrieren, um den Aufbau und Betrieb kostengünstiger zu gestalten. Insbesondere soll das Mondgestein selbst als Rohstoff für die Konstruktion der Habitate dienen.
Das Design für die Habtiate wird zur Zeit evaluiert, es handelt sich dabei um eine aufblasbare Konstruktion, die von Mondgestein umgeben werden kann. Darin sollen vier Astronauten beherbergt werden. Ein solches Modul wiegt über 58t, müsste also von NASAs SLS oder SpaceXs Starship transportiert werden. Das aufblasbare Gebäude ist empfindlich gegenüber dem bei der Landung aufgewirbeltem Mondstaub. Daher könnte es nötig werden, dass spätere Landungen weiter entfernt vom Standort der Basis stattfinden. Angelieferte Güter oder Astronauten müssten dann zunächst ein Stück über die Mondoberfläche transportiert werden.
Die europäische Raumfahrtagentur plant mit bis zu 20 Jahren für die Entwicklung der nötigen Technologien, das Dorf ist also noch in etwas weiterer Zukunft.
Andere: CNSA und Roskosmos
Über die Pläne der Chinesen und Russen ist nicht sehr viel bekannt. Beide Länder halten sich wie üblich etwas bedeckter.
Die Russen wollen laut eigener Aussage bis 2040 eine Mondbasis mithilfe von 3D-Druck errichten, wobei das Mondgestein als Rohstoff dienen soll.
China plant mit einer Basis bis 2030 und erforscht die benötigten Technologien schon seit mehreren Jahren. Dazu haben vier Freiwillige bereits ein ganzes Jahr in einem abgeschotteten Simulations- und Versuchslabor auf der Erde verbracht und sich zu 97% selbst versorgt.
Technologie
In diesem Kapitel geht es um die Technologien, die im Rahmen der oben beschriebenen Mondprogramme entwickelt werden sollen. Wie wir mit regelmäßigen Versorgungsflügen von der Erde im All überleben, wissen wir schon. Das 21. Jahrhundert soll die Technik für eine Basis bringen, die nicht mehr regelmäßig versorgt werden muss. Schlüssel dazu sind die Nutzung der natürlich vorkommenden Rohstoffe und die effiziente und nachhaltige Energieerzeugung.
Rohstoffnutzung
Wasser ist die Grundvoraussetzung für menschliches Leben. Das Wasser auf dem Mond soll mehreren Zwecken zugeführt werden: Die Verwendung als Trinkwasser liegt auf der Hand, weiterhin kann das Wasser für die Nahrungserzeugung eingesetzt werden. Dazu gibt es schon Pläne für kombinierte Gemüse- und Fischfarmen. Während Langzeiteinsätzen ist eine abwechslungsreiche Ernährung für die Psyche wichtig. Abgeschlossene Ökosysteme für Farmen könnten auf der Erde die Kosten für unsere Umwelt bei der Nahrungserzeugung minimieren.
Die Spaltprodukte Wasserstoff und Sauerstoff können beide als Raktentreibstoff eingesetzt werden, oder als Energiespeicher für kalte Mondnächte. Noch ist die Spaltung von Wasser recht ineffizient, doch eine effizienteres Verfahren könnte auf der Erde Mobilitätsprobleme lösen und die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen erleichtern.
Außerdem auf dem Mond vorhanden: Helium-3 (³He). Das stabile Helium-Isotop ist theoretisch hervorragend geeignet, um mithilfe von Kernfusion Energie zu erzeugen. Da die Kernfusion mittelfristig nicht kosteneffizient nutzbar sein wird, ist dieser Rohstoff aber eher ein Potential für die Zukunft. Und ob wir unseren Energiebedarf weiterhin mit dem Verbrauch einer endlichen Ressource decken wollen, ist eine andere Frage.
Wovon es auf dem Mond genug gibt ist Regolith. Wie wir mit modernen Fertigungstechniken Behausungen direkt aus Mondgestein errichten, ist ein anderes Forschungsgebiet. Aktuelle Ansätze wollen das Gestein zu einem Material für 3D-Druck verarbeiten. Für die Reise zum Mars können wir die benötigte Nutzlast mit dieser Fähigkeit weit reduzieren, auf der Erde könnte sie den Umweltschaden durch Betonproduktion signifikant senken. Außerdem interessant ist, dass Menschen beim Bau der Mondbasis nicht zugegen sein sollen. Vollautomatischer Hausbau könnte Wohnraum auf der Erde wieder erschwinglicher machen.
Energieerzeugung
Über Helium-3 hatten wir bereits gesprochen, das ist noch nichts greifbares für den Moment. Woran wir aber in den nächsten Jahren aktiv forschen werden, sind effizientere und leistungsfähigere Solarzellen. Photovoltaik funktioniert auf weiter entfernten Planeten nicht ohne Probleme, da die Kraft der Sonne geringer ist. Außerdem werden Solarpaneele regelmäßig von aufgewirbeltem Mondstaub bedeckt. Wenn wir darauf eine Antwort entwickeln, könnten wir einen großen Teil unseres Energiehungers durch Solarfarmen in Wüsten decken. Dort ist das Land billig und die Sonne stark, optimale Voraussetzungen also.
Umwelttechnik
Wenn eine Basis fern der Erde nicht von regelmäßigen Sauerstofflieferungen abhängig sein will, müssen wir in der Lage sein, unsere Atemluft effizient zu reinigen. Also von unserem ausgeatmetem CO₂ zu befreien und mit Sauerstoff anzureichern. SpaceX hat kürzlich für ein effizientes Verfahren dieser Art ein Preisgeld von $100Mio ausgeschrieben. Wenn das günstig und im großen Stil auch auf der Erde funktionieren könnte, könnten wir die Klimakrise signifikant abschwächen.
Fazit
Mit dem besiedeln des Mondes ist ein weiterer Schritt getan. Menschen lernen, auf lebensfeindlichen Himmelskörpern zu überleben. Die dabei entwickelten Technologien ermöglichen einerseits die Besiedelung weiterer Planeten, können aber auch direkt hier zu unserem Vorteil genutzt werden. Ich bin gespannt, was die nächsten zwei Jahrzehnte bringen.
bis dann,
Sebastian